Medeia

Medeia
{{Medeia}}
Tochter des Königs Aietes* von Kolchis, die Iason* und den Argonauten* half, das Goldene Vlies zu gewinnen, und sich später, als der Undankbare sie verstieß, schrecklich rächte. In der Argonautensage entspricht Medeia jenen Königstöchtern des Volksmärchens, die einem jungen Helden durch Zauberkunst die Lösung sonst unlösbarer Aufgaben sowie die Flucht vor einem bedrohlichen Verfolger ermöglichen und zum Dank dafür geheiratet werden. Zu einer geradezu dämonischen Gestalt voll düsterer Tragik wird sie erst nach dem scheinbaren Happy-End: Als Frau des Iason verjüngte sie dessen Vater Aison* und brachte die Töchter des Pelias*, der jenem den Thron entrissen hatte, dazu, diesen zu töten, weil sie ihnen einredete, sie werde auch ihm die Jugend zurückgeben. Da sie ihr Versprechen nicht hielt, mußte sie mit ihrem Mann nach Korinth fliehen, wo sie ihm zwei Söhne gebar. Iason aber war der unheimlichen Kolcherin bald überdrüssig und sah sich nach einer guten Partie um; die glaubte er in Glauke, der Tochter König Kreons (2)* von Korinth, gefunden zu haben. Medeia schien sich in ihr Schicksal als verstoßene Gattin zu fügen, sie sandte der jungen Braut sogar ein herrliches Festgewand – doch als diese es anlegte, ging es in Flammen auf: Glauke und ihr Vater, der ihr
zu Hilfe kommen wollte, verbrannten! Um Iason noch schwerer zu treffen, erstach Medeia auch ihre beiden Söhne und floh dann auf einem von Drachen gezogenen Wagen durch die Lüfte nach Athen. Dort nahm König Aigeus* sie zur Frau, verjagte sie aber später, als sie bei dem Versuch ertappt wurde, seinen eben heimgekehrten Sohn Theseus* zu vergiften (Euripides, Medeia; Ovid, Metamorphosen VII 1–424). Mit ihrem Sohn von Aigeus, Medos, floh Medeia nach Asien, wo der junge Mann große Heldentaten vollbrachte und das Reich der Meder begründete. Nach seinem Tod kehrte Medeia nach Kolchis zurück, beseitigte einen Usurpator und setzte ihren Vater Aietes wieder auf den Thron (Apollodor, Bibliothek I 143–147).
Die um 430 v. Chr. uraufgeführte Tragödie des Euripides beginnt mit Medeias Ausweisung aus Korinth durch Kreon und ihrer Bitte um einen Tag Aufschub; sie endet mit der Flucht im Drachenwagen. Auch Seneca drängt in seiner ›Medea‹ (um 40 n. Chr.) das Geschehen auf einen Tag zusammen, schildert aber in aller Breite die Hexenkünste der außer sich geratenen Frau und läßt Iason als das bedauernswerte Opfer ihrer wilden Raserei erscheinen. In Pierre Corneilles ›Medée‹ (1635) werden alle handelnden Personen von Leidenschaften umgetrieben: Iason von Ehrgeiz, Glauke von ihrer Eitelkeit: Sie will unbedingt einen
Helden zum Mann. Der amerikanische Dramatiker Robinson Jeffers nennt seine ›Medea‹ (1947) »freely adapted from the Medea of Euripides«, setzt aber durchaus eigene Akzente, indem er die Vereinsamung der Fremden, der Barbarin, in einer feindseligen Umgebung stark betont. Auch Hans Henny Jahnn sieht in seiner ›Medea‹ (1926; Neufassung 1959) hinter dem tragischen Geschehen Probleme des Rassismus und der Diskriminierung Farbiger. Folgerichtig wird Medeia zur Isispriesterin und jungfräulichen Gattin ihres Bruders, den sie um Iasons willen verrät und ermordet. Enger an Euripides hält sich Jean Anouilh in seiner ›Medée‹ (1948), einer psychologischen Studie über den Zerfall einer scheinbar idealen Liebesbeziehung. Jahnns Einakter wurde 1967 von Bernd Alois Zimmermann vertont, der damit die vorläufig letzte in einer ganzen Reihe von Medea-Opern schuf; Erwähnung verdienen die Werke Marc-Antoine Charpentiers (1693, nach Corneille) und Luigi Cherubinis (1797, nach Friedrich Wilhelm Gotters 1775 erschienener Tragödie ›Medea‹, der auch Franz Grillparzer Anregungen für seine Trilogie ›Das goldene Vließ‹ verdankt).
Figurenreich ist Medeias Rache auf einem apulischen Volutenkrater aus Canosa dargestellt: Im Palast des Kreon sieht man eben dessen Tochter zusammenbrechen, während in der Nähe die rasende Mutter ihre
Kinder ersticht. Ein Schlangenwagen steht zur Flucht bereit, die der herbeieilende Iason nicht verhindern kann (4. Jahrhundert v. Chr., München, Staatliche Antikensammlungen). Mit Wut und Verzweiflung im Blick umklammert Medeia ihr Schwert auf einem Wandgemälde aus Herculaneum (Kopie nach einem Original, das vermutlich um 280 v. Chr. Timomachos malte; Neapel, Museo Archeologico Nazionale). Anselm Feuerbach war offensichtlich von der unheimlichen Heldin besonders fasziniert und malte sie mehrfach (Medea auf der Flucht, 1870, München, Neue Pinakothek; Medea, 1871, Mannheim, Kunsthalle; Medea vor der Urne, 1873, Oldenburg, Gemäldegalerie).

Who's who in der antiken Mythologie. 2013.

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